Interview mit Thomas Bierlich
Wuppertal, 08. September 2022
Dürfen wir vorstellen?
Thomas Bierlich ist seit dem 1. September dieses Jahres unser neuer Leiter Technisches Beteiligungsmanagement. Diese Gelegenheit möchten wir gerne nutzen und ihn in einem Interview kurz vorstellen.
Wer ist Thomas Bierlich? Lassen Sie uns mal hinter die Fassade schauen.
Thomas Bierlich ist zunächst mal ein echt kölsche Jung. Ich komme aus dem Rheinland und habe dort quasi meine ganze Kindheit verbracht. Ich bin ein Nachzügler und das dritte Kind, meine Geschwister sind ganze 14 und 18 Jahre älter. Diese Konstellation hat mich stark geprägt. Außerdem hat der Sport immer eine große Rolle für mich gespielt. Werte wie Teamgeist und Disziplin sind für mich wichtig. Vor allem Fußball war und ist meine Leidenschaft, hier habe ich mir während des Studiums auch immer mal etwas dazuverdient.
Nach dem frühen Tod meines Vaters hat mein älterer Bruder für mich eine entscheidende Bedeutung eingenommen. Er riet mir auch davon ab, Mathe und Sport zu studieren und empfahl mir stattdessen ein technisches Studium: Maschinenbau. Ich habe während des Studiums geheiratet und bin stolzer Vater von 3 Kindern: einem Sohn mit 28 Jahren sowie 2 Mädels, die Zwillinge mit jeweils 26 Jahren sind. Von daher können Sie sich vorstellen, dass bei mir immer viel Trubel im Haus war und immer noch ist.
Was für eine Ausbildung haben Sie gemacht?
Ich habe mein Vordiplom für Maschinenbau in Bochum gemacht und bin dann für das Diplom an die RWTH nach Aachen gegangen. Mein Bruder, der dort sehr aktiv war, hat mich davon überzeugt. Außerdem ist Aachen für den Maschinenbau ein echtes Aushängeschild. Die Universität besitzt eine enorme Bandbreite an fachlicher Kompetenz und genießt international einen großartigen Ruf. Während des Studiums habe ich als studentische Hilfskraft gearbeitet. Diese Tätigkeit bringt einen mit spannenden und innovativen Industrieprojekten in Berührung. Will ein Hersteller beispielsweise einen neuen Prototyp testen, geht er an die Uni Aachen. Durch diese Arbeit habe ich erste praktische Erfahrung im Bereich Maschinenbau, Serienfertigung und Automotive gesammelt. Das hat meinen Horizont deutlich erweitert und mir den Zugang zu spannenden Netzwerken ermöglicht.
Das heißt, Sie sind nach dem Diplom direkt ins Berufsleben gestartet?
Ich bin, da ich auch betriebswirtschaftliche Inhalte im Studium aufgegriffen habe, nach dem Diplom zu Brankamp, einer technischen Unternehmensberatung in Düsseldorf gegangen. Das war ein guter Einstieg, um einen ersten Einblick in unterschiedliche Industrien zu erhalten – und weitere wertvolle Kontakte zu knüpfen. Ich habe hier Christoph Borges kennengelernt und durfte unter anderem die Konzeptentwicklung für große Konzerne des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Automobilindustrie übernehmen.
Und was war Ihre nächste Station? Um neue Impulse zu erhalten, bin ich fünf Jahre später als Projektleiter zur IKB Beteiligungsgesellschaft gegangen. Ich war der erste Ingenieur, der in einer Bank arbeitete, und hatte die Aufgabe, Unternehmen hinsichtlich einer potenziellen Beteiligung zu bewerten. Dafür habe ich analysiert, wie gut das Unternehmen technisch aufgestellt war und wie „robust” das Geschäftsmodell funktionierte. Das habe ich fünf Jahre gemacht und dabei wieder sehr viele Branchen kennengelernt – auch aus der Gesellschaftersicht. Dadurch habe ich erste Erfahrungen an der Börse gesammelt, aber musste leider auch Unternehmen bei der Insolvenz begleiten.
Wie ging es mit all diesem neuen Know-how weiter?
Nach der IKB-Zeit habe ich als Technischer Geschäftsführer der LISI AUTOMOTIVE Knipping Verbindungstechnik GmbH begonnen. Dort habe ich acht Jahre lang vielfältige Aufgaben übernommen, wobei häufig die Personalentwicklung im Fokus stand, zum Beispiel junge Leute weiterentwickeln und die Mitarbeiter an den richtigen Platz bringen. Ansonsten habe ich mich auf den Einkauf, die Logistik, Fertigung und Montage konzentriert. Dabei habe ich wichtige Erfahrungen gesammelt: Wenn man jemandem Vertrauen schenkt, bekommt man es i. d. R. tausendfach zurück. Man muss aber auch klare Grenzen setzen. Also mal eine gelbe oder sogar rote Karte geben – ich bin und bleibe eben Fußballer.
Und was kam dann?
Ich bin dann als Technischer Geschäftsführer bei CS Schmalmöbel GmbH & Co. KG, einem Unternehmen der Nolte-Gruppe, eingestiegen. Das war für mich mal was ganz Neues, da es sich hierbei um ein familiengeführtes Unternehmen gehandelt hat. Weil das Unternehmen den Anschluss an den Wettbewerb zum Teil bereits verpasst hatte, gab es viel zu tun. Es war also ein echter Restrukturierungsfall, bei dem ich all meine Erfahrungen und Stärken einbringen konnte. Hierbei habe ich gelernt, dass man fehlerhafte Komponenten aus einem System entfernen muss, was leider manchmal auch Stellenabbau bedeutet.
Sind Sie danach dem Familienunternehmen treu geblieben?
Aus privaten Gründen musste ich leider meine Tätigkeit bei Schmalmöbel beenden. Ich hatte aber Glück und konnte durch einen beruflichen Kontakt aus meiner IKB-Zeit meine Fühler in Richtung der GESCO AG (Wuppertal) ausstrecken. Das war ideal, denn ich wollte wieder in eine Beteiligungsgesellschaft und die GESCO hat jemanden für die Akquisition gesucht. Nach kurzer Zeit wurde ich allerdings immer häufiger bei eher herausfordernden Unternehmensbeteiligungen eingesetzt, um die jeweiligen Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Weil ich bei einem besonders heiklen Fall Erfolg hatte, hat die GESCO erkannt, wie sinnvoll es sein kann, jemanden sehr intensiv und hands-on zur Betreuung in einem Unternehmen einzusetzen. So entstand eine technisch geprägte Unternehmensbetreuung. Dadurch war allerdings die Position in der Akquise vakant. Dafür habe ich Christoph Borges zur GESCO geholt. Wir sind dann gemeinsam zu den Unternehmen gegangen, die für eine Beteiligung in Frage kamen, um sie zu analysieren und kaufmännisch-technisch zu bewerten.
Sie werden in diesem Jahr 60 Jahre alt. Was war Ihre Motivation, jetzt noch einen beruflichen Neustart zu machen?
Ich fühlte mich einfach etwas eingeengt und wollte wieder freier und noch eigenständiger agieren. Bei der MIB haben wir in diesem Kontext zwei tolle Situationen. Zum einen handelt es sich um ein junges Unternehmen, das sich erst im Markt etablieren muss, aber mit einem erprobten Geschäftsmodell. Zum anderen kennen sich die beteiligten Personen. Das bietet die Vertrauensgrundlage, um frei agieren zu können. Dadurch ergeben sich großartige Perspektiven und es macht einfach Spaß, die Beteiligungsunternehmen nach vorne zu bringen. Börsenorientierte Unternehmen hatte ich genug – das war schön, aber es hat mich in Entscheidungen eingeschränkt. Hier habe ich jetzt bei der MIB ein junges, frisches Umfeld. Das ist sehr motivierend.
Wie schätzen Sie auf Basis Ihrer Erfahrung die Lage am Beteiligungsmarkt ein?
Käufer haben lange viel Geld wegen niedriger Zinsen investiert. Ob das so bleibt, muss man abwarten. Zudem spielt die Frage eine Rolle, in welchem Feld man sich als Käufer bewegt. Im kleineren Mittelstand ist der Wettbewerb der Beteiligungsgesellschaften nicht so groß, sodass man nicht die ganz großen Summen investieren muss. Der Markt für die MIB ist hochinteressant, da genau diese Unternehmen dennoch viel Potenzial bieten. Zudem hat man weniger rechtliche Aspekte zu beachten, als würde man ein Unternehmen aus einer großen Gesellschaft herauslösen.
Welche Aufgaben übernehmen Sie bei der MIB?
Als Leiter Technisches Beteiligungsmanagement berate ich die Unternehmen bei technisch-operativen Herausforderungen. Beispielsweise, wenn eine neue Halle oder Anlage in Betrieb genommen werden soll. Ebenso unterstütze ich neue und junge Geschäftsführer dabei, in die ungewohnte Position hineinzuwachsen. Man könnte mich als persönlichen Coach für Führungsaufgaben und anspruchsvolle Kunden- und Marktsituationen bezeichnen. Dafür kann es auch sein, dass ich tageweise im Unternehmen arbeite und direkt vor Ort als Führungskraft unterstütze.
Was sind Ihre beruflichen Stärken?
Ich habe einen breiten Erfahrungshorizont über viele Branchen und Tätigkeiten hinweg. Zudem weiß ich, wie man theoretische Konzepte konsequent in die Tat umsetzt. Dafür bringe ich auch menschliche Stärken mit. Ich kann mich in Menschen hineinversetzen und habe das richtige Händchen, um Mitarbeiter zu motivieren und zu führen. Dabei mache ich aus Kollegen ein eingeschweißtes Team.
Was lieben Sie an dem Beruf?
Ich liebe es, mit Menschen und besonderen Typen zu arbeiten. Man lernt dabei einzigartige Charakterköpfe kennen und kann auch für sich selbst viel Know-how mitnehmen. Außerdem freut es mich immer, ein Unternehmen nachhaltig auf die Erfolgsspur zu bringen.
Das Interview wurde von Mathias Hinseler geführt.
Fotografie Daniel Schmitt
Wuppertal, September 2022